Risikomanagement lohnt sich
Die Mehrzahl der Trader, die Aktien über mehrere Tage bis Wochen als Long-Positionen in ihrem Depot halten, fürchten negative Kurslücken (auch als Gaps bezeichnet), die nach der Veröffentlichung von Quartals- oder Jahreszahlen eines Unternehmens entstehen können.
Die Aussicht auf eine positive Markteröffnung nach diesem Ereignis ist es aber, die in vielen Fällen dazu führt, dass eine Position über den Zeitpunkt der Veröffentlichung hinweg gehalten wird.
Die im Rahmen meines Buchs „Nachhaltig erfolgreich traden“ durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass über 60 Prozent der negativen Gaps mit einer Grösse von mehr als drei ATR* aufgrund der Veröffentlichung von Zahlen entstehen – und damit ein Plan erforderlich ist, wie im Falle anstehender Quartals- oder Jahresberichte mit einer offenen Aktienposition umzugehen ist.
Dass diese Kernfrage auch in einem (allerdings reifen) Bullenmarkt nichts von ihrer Aktualität eingebüsst, zeigen folgenden zwei Beispiele:
Beispiel 1, vom 22. August 2017: Momo Inc, Symbol MOMO
Das chinesisches Unternehmen, welches als ADR an der Nasdaq gehandelt wird, weist hohe Wachstumsraten auf und eine hohe Relative Stärke (siehe RS Rank im unteren Teil des Charts) über die letzten 12 Monate.
Die Aktie reagierte auf die Veröffentlichung von Zahlen mit einem Minus von 10,4 Prozent (entspricht 2,5 ATR) zur Eröffnung. Bis zum Ende des Tages verlor die Aktie gegenüber dem Vortag sogar 20% oder 4,7 ATR.
Beispiel 2, vom 18. August 2017: John Deere, Symbol DE
Reaktion auf die Quartalszahlen am ersten Tag nach Veröffentlichung: -6,9% zur Eröffnung (entspricht 5 ATR) und -5,4% (3,9 ATR) bis zum Marktschluss.
Wie sieht jetzt der Plan aus, um im Vorfeld der Veröffentlichung von Zahlen die Gefahr eines negativen Gaps zu verringern?
Schauen Sie sich an, wie die Aktie in den vorherigen sechs bis acht Quartalen reagiert hat. Sind weder negative, noch positive Gaps von 1,5 ATR oder mehr entstanden, fällt die Aktie in die kleinste Risikoklasse (Kategorie 1) und kann eher über den Termin hinweg gehalten werden, als im Falle grösserer Gaps (im NET Buch, Seite 68, finden Sie noch zwei weitere Definitionen von Risikokategorien).
Auch wenn das Zuordnen jeder offenen Aktienposition in eine Risikokategorie eher eine unangenehme Arbeit ist: Sie lohnt sich, wie beide oben gezeigten Beispiele belegen. In beiden Fällen wäre man im Vorfeld aus der Position ausgestiegen – sofern man nicht deutlich im Plus gelegen hat (auch dann hätte zumindest ein Teilverkauf Sinn gemacht; vergleiche Buch, Seite 67 ff.).
Fazit: In das Risikomanagement investierte Zeit zahlt sich aus, wenn man weiss, wie und was zu tun ist.